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Tobias Petry: Förderschulen in Hachenburg erhalten

140319 CDU Hbg Westerwälder ImpulseEinen differenzierten Umgang und eine schrittweise Verwirklichung der schulischen Inklusion von beeinträchtigten Menschen strebt die CDU-Kreistagsfraktion an. Es reiche nicht aus, einer Regelschule den Titel „Schwerpunktschule" zu verleihen. „Inklusion kann nur dort gelingen, wo Kinder, Eltern, Lehrer und die Verantwortlichen der Politik zusammenarbeiten und die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. Sie muss gelebt und dort umgesetzt werden, wo Schule, Diagnostik, Beratung, Förderung und Personal dies leisten können", so lautete die Schlussfolgerung des CDU-Fraktionsvorsitzenden Dr. Stephan Krempel nach der Veranstaltung.

„Inklusion um jeden Preis?", diese Frage stellte CDU-Ortsvorsitzender Tobias Petry zu Beginn der im Rahmen der „Westerwälder Impulse" von der CDU-Kreistagsfraktion veranstalteten, gut besuchten Informationsveranstaltung. Petry machte deutlich, dass es bei dieser Thematik eine Vielzahl von Beteiligten gebe. Neben den Schülern und Eltern, vor allem die Lehr- und Fachkräfte, die Schulträger und das Land. Die Region Hachenburg sei von dieser Thematik besonders betroffen, da es in Hachenburg neben den Förderschulen (Burggarten-Schule und Schule am Rothenberg) zwei Schwerpunktschulen (Grundschule am Schloss und Realschule plus) gibt. Als Stadtbürgermeisterkandidat, so Petry, wolle er diese Angebotsvielfalt für die Kinder und Eltern in der Region erhalten.

Prof. Dr. Marion Felder, die an der Hochschule Koblenz, Fachbereich Sozialwissenschaften, tätig ist und dort die Schwerpunkte Inklusion und Rehabilitation vertritt, gab zunächst einen Überblick über verschiedene Aspekte der UN-Behindertenrechtskonvention (BRK). Prof. Felder kann breite und langjährige Erfahrung zu der Thematik in den USA einbringen. Sie machte deutlich, alle Kinder haben ein Recht auf bestmögliche Bildung. Im amerikanischen System sei auch eine stetige „Erfolgskontrolle und Neuorientierung" vorgesehen. Dabei seien die individuellen Begabungen zu fördern und die Weiterentwicklung des Kindes im Blick zu halten. Inklusion bedeute angemessene Teilhabe und Förderung und nicht nur „gemeinsam verbrachte Zeit".

Inklusion könne politisch nicht verordnet werden, sie bedürfe fachlicher Gutachten und Konzepte. Leistungen und finanzielle Mittel sollten nicht pauschal ins System, sondern vielmehr kindbezogen erbracht werden. Zielsetzung sei es letztlich, allen Schülern eine möglichst gute Förderung anzubieten. Die BRK schreibe keine bestimmte Organisationsform für frühkindliche und schulische Bildung vor. Um Inklusion erfolgreich zu gestalten, seien verstärkte personelle und finanzielle Ausstattungen dringend erforderlich.

Förderschullehrerin Daniela Krobb-Werz berichtete über Erfahrungen mit der Arbeit an Schwerpunktschulen und der integrativen Förderung in Regelschulen. Lösungen und Angebot müssen sich in erster Linie am Kind orientieren. Nach fachlichen Gutachten müsse abgewogen werden, wo Teilhabe am besten zu verwirklichen sei. Die befürchtete Ausgrenzung von beeinträchtigten Schülern erfolge oft stärker in den Regelschulen als in den Förderschulen. Persönlichkeitsbildung und Wissensvermittlung seien in den Förderschulen meist zielgerichteter und individueller gestaltbar.

Wilfried Rausch, stellvertretender Landesvorsitzender des Realschullehrerverbandes und Leiter einer Schwerpunktschule Realschule plus mahnte Realitätssinn an. Seine Erfahrungen aus Schulversuchen und die tägliche Praxis bestätigten auch aus pädagogischen Gründen die Notwendigkeit von Förderschulen. Nicht alle Schüler können in Schwerpunktschulen ihren Befähigungen entsprechend gefördert werden. Rausch: „Entscheidend ist, dass wir dem Schüler einen Weg in die Berufswelt ermöglichen." Nur so könne er dauerhaft am gesellschaftlichen Leben teilhaben.

Landrat Achim Schwickert warnte als Schulträger vor einem leichtsinnigen Umgang mit der Thematik Inklusion. Im Blickpunkt müsse stehen, dass für die Kinder bei einer Umgestaltung auch etwas heraus komme. Mit zwischen Land und Schulträgern nicht abgestimmten Schritten, die personell und finanziell keine zusätzliche Unterstützung vorsehen, werden Schüler und Eltern allein gelassen. Der Westerwaldkreis werde die Förderschulen daher zurzeit auf keinen Fall aufgeben. Lösungsansätze für den Westerwaldkreis sollen im Schulentwicklungsplan erarbeitet werden.

Hans Jörg Sievers, Leiter der Burggarten-Schule, berichtete über die Arbeit mit lernbehinderten sowie sozial-emotional zu fördernden Schülern. Geschützte Räume und klare Grenzen ermöglichen eine gezielte Förderung. Förderbedarf und –weg müssten sich am Schüler orientieren und seien mit den Eltern zu erörtern. Hans-Peter Augel, Leiter der Schule am Rothenberg (Förderschule Sprache), verwies auf die hohe Anerkennung der Arbeit der Förderschulen, die bei Elternbefragungen erzielt werde.

Diskussionsleiterin und stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Jenny Groß stellte fest, dass in den verschiedenen Redebeiträgen Möglichkeiten und Grenzen von Inklusion deutlich wurden. „Die CDU im Westerwaldkreis ist für eine Vielfalt der Förderstandorte mit differenzierten Angeboten, sowohl im Regelschulsystem als auch an Förderschulen. Wir setzen uns für den Erhalt von bedarfsgerechten Förderschulen im Westerwaldkreis ein. Wenn Förderzentren entwickelt werden, dürfen spezialisierte Förderschulen nicht wegfallen. Für die Eltern muss die Sicherheit und Klarheit bestehen, wo sie ihr Kind mit einer entsprechenden Förderung beschulen lassen können."

CDU-Fraktionsvorsitzender Dr. Stephan Krempel, dankte allen Gesprächsteilnehmern für die vielfältigen Impulse bei der Definition und Umsetzung von Inklusion. Die Politik habe an diesem Abend weitgehend zugehört und werde die Anregungen und Berichte aus der Praxis bei weiteren Entscheidungen berücksichtigen. Es habe wenig Sinn, wenn die Landesregierung Zahlen und Ziele nenne, die das Kindeswohl vernachlässigten und in der Praxis nicht umsetzbar seien.